allgemeine botanische Zeitung,
herausgegeben
von
der königl. baver. botanischen Gesellschaft zu Regensburg.
Neue Reihe XL Jahrgang,
oder
der ganzen Reihe XXXVI Jahrgang. Nro. 1—48. Tafel I-VI.
Mit Original-Beiträgen von
Bamberger, Berger, Bouche, Duchassaing, Einsele, Gallus, Göppert, Guthnick, v. Hausmann, Heuffel, Irmisch, v. Krempel- huber, Leybold, v. Martius, Massalongo, Milde, Müller, No&, Regel, Sauter, Schacht, C. H. Schultz Bip,, F.Schultz, Schultz- Schultzenstein, Sekera, Sturm, Walpers, Wenderoth, Wydler.
RD
Redigirt von
Dr. A. E. Fürnrohr,
k, Prof. am Lycenm und Director der k. botan. Gesellschaft zu Regensburg, der kafs. Leopold, Carol, Akademie der Naturforscher u. m, a. gel. Vereine Mitglied.
I U ULLI
Regensburg, 1853. Verlag der Redaction.
Haupt-Commissionäre: Fr. Hofmeister sen. in Leipzig. -- G.J. Manz und Fr. Pustet in Regensburg. — Riegel et Wiessner in Nürnberg. -- €. Schaumburg et Comp. in Wien.
von
der königl. bayer. botanischen Gesellschaft zu Regensburg.
Neue Reihe xE. Jahrgang. I. Band.
oder
der ganzen Reihe XXXVI. Jahrg. I. Band. Nro, 1—24. Steintafel I-IV.
Mit Original-Beiträgen von
Bamberger, Berger, Duchassaing, Gallus, Göppert, Guthnick, v.Hausmann, Leybold, v.Martius, Massalongo, Regel, Sauter, Schacht, €. H. Schultz Bip., Schultz-Schultzenstein, Sturm, Walpers, Wenderoth, Wydler.
ID
Redigirt von
Dr. A. E. Fürnrohr,
k. Prof, am Lyceum und Director der k. botan. Gesellschaft zu Regensburg, der kais. Leopold. arol. Akademie der Naturforscher u. m. a, gel. Vereine Mitglied.
Regensburg, 1853. Verlag der Redaction.
Haupt-Commissionäre: Fr, Hofmeister sen. in Leipzig. — G. J. Manz und Fr. Pustet in Regensburg. — Riegel et Wiessner in Nürnberg. — C. Schaumburg et Comp. in Wien,
FLORA,
ent 21. pP“
Regensburg. 7. Jannar. 1853.
Inhalt: orıcınar-aumandLunGg. Schacht, die Pflanzen-Physiologie und Herr bir, G. Walpers in Berlin. -- zırrrarun. Agardh, de cellula ve- getabili fibrillis tenuissimis contexta,. Göppert, über die Existenz eines ab- steigenden Saftes in den Bäumen. Stein. über die Schütte, — ANZEIGE. Wirtgen, Herbarium der Mentben.
Die Pflanzen-Physiologie und Herr Dr. G. Walpers in Berlin, von
Hermann Schacht, Dr.
Die Pflanzen-Anatomie und Physiologie ist zu einem selbststän- digen Zweige der Naturwissenschaft geworden. Sie hat namentlich in unserem Jahrhundert grosse Fortschritte gemacht. Wir verdan-
.ken dieselben den ernstlichen Bestrebungen nach Wahrheit suchen- der Forscher. Es ist mancherlei klar geworden, was uns früher verborgen war. Die Entstehungsweise der Pflanzenzellen und deren Ausbildung zu verschiedenen Zellenarten ist, innerhalb gewisser firenzen, bekannt. Wir wisen, wie die Gefissbündel entstehen und in welcher Weise sie sich forthbilden; wir kennen die Haupt-Wachs- thumsgesetze des Stammes, der Wurzel und der Blätter, so wie deren Unterschiede gegen einander. Ueber die Befruchtung der Pha- nerogamen stehen sich im letzten Punkte nur noch zwei Ansichten gegenüber, alle übrigen wesentlichen Theile dieser wichtigen Frage siud bereits gelöst. Ueber die Foripflanzung der niedern,' sowie der höhern Kryptogamen hat die neueste Zeit glänzende Entdeckun- gen geliefert. — Aber dennoch stehen wir erst am Anfänge des Wissens, nach allen Seiten hin liegen wichtige Fragen offen; die Lösung einer Frage führt in der Regel eine neue Frage herauf. Es ist jetzt zu prüfen, wie weit die bereits gefundenen Gesetze Geltung haben, zu erforschen, ob sich neben ihnen nicht vielleicht noch an- dere wichtige Gesetze finden lassen. Keine einzige, von richtiger Methode geleitete gründliche Untersuchung bleibt ohne Resultate, überall lässt sich noch Neues finden. Die Natur ist reich genug,
Flora 1853, 1. 1
p) ‘ um nach Jahrtausenden noch der Forschung Material zu liefern. Wir werden, wenn wir auf dem guten, jetzt eingeschlagenen Wege blei- ben, immer weiter kommen; Methode sowie Hülfsmittel werden sich noch mehr verbessern, unsere Erkenntniss wird zunehmen, mit ihr aber gleichzeitig das Bewusstsein, dass wir noch weit vom Ziele sind.
Das Leben der Pflanze lässt sich nur an der lebendigen Pflanze selbst und zwar in ihrem normalsten Verhältniss studiren. Um die Waldbäume kennen zu lernen, muss man den Wald, um die ‚Getreidarten zu siudiren, den Acker besuchen. Das Leben der Ge- wächse kann aber nur verstanden werden, wenn man den inneren Bau der Pflanzen aufs genaueste kennt, wenn man zuvor das Leben der Zellenarten und deren Wechselwirkung auf einander zu ver- stehen sich bemühete. In der freien Natur, sowie in den Gewächs- häusern, nicht „auf dem einsamen Studirzimmer‘ allein sind die wenigen Gesetze des Wachsthums u. s. w. der Pflanze, welche wir jetzt kennen, gefunden; die Erfahrungen des Forstmannes, des T,and- mannes und des Gärtners sind dazu benutzt.
Ein gründliches Studium der jetzigen Pflanzen-Physiologie be- schäftigt den Geist und die Thätigkeit eines Menschen vollkommen, es ist demnach kaum zu erwarten, dass ein tüchtiger Pflanzen-Phy- siolog auch in der beschreibenden Botanik in gleichem Grade be- fähigt sei; ebenso wenig darf man andererseits von einem tüchtigen Systematiker umfassende Kenntnisse in der Physiologie verlangen. ‚Seitdem sich die Physiologie mehr und mehr erweitert hat, werden Männer, welche beide Richtungen der Botanik in gleichem Grade vertreten, immer seltener. Beide Richtungen stehen in der Gesammt-Wissenschaft gleichberechtigt neben einander, beide müs- sen zur Förderung der letzteren mit einander Hand in Hand gehen; beide müssen von einander lernen, nicht aber sich feindlich gegen- überstellen, wie es als erfreuliches Zeichen des Fortschritts auch immer seltener wird.
Eine unangenehme Pflicht führt mich zum wissenschaftlichen Kampfe; ich liebe solche Streitigkeiten nicht; hoffe jedoch, dass meine Abfertigung des Hrn. Dr. Walpers durch die mitgetheilten That- sachen auch für die Wissenschaft nicht ganz verloren ist. — Der genannte Herr hat in Nro. 41 der Regensburger Flora ven 1852 der Pflanzenphysiologie im Allgemeinen, insbesondere aber mir, gewal- tige Vorwürfe gemacht. In Nro. 39 und Nro. 44 derselben Zeit- schrift finden sich gleichfalls einige gegen mich gerichtete Bemer- kungen. Alle diese Angriffe sind mit einer Bitterkeit gegen mich geschleudert, deren Ursache ich nicht begreife, da ich bisher nicht
einmal Gelegenheit hatte, Hrn. Dr. Walpers persönlich kennen zu lernen. Ueber die Weise, in welcher ich jetzt diese tbeils unwah- ren, theils von Unkenntniss zeugenden, Angriffe besprechen werde, möge der geneigte Leser nicht mit mir, sondern mit Herrn Dr. Walpers, der sie hervorrief, rechten: Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück.
Wer andere tadeln will, muss selbst recht sicher stehen; wer treffen will, muss zielen können. Des Hrn. Dr. Walpers gegen mich gerichtete Pfeile kehren der allergrössten Mehrzahl nach ihre Spitze auf ihn selbst zurück, ihn jämmerlich verwundend.
Ich wende mich jetzt zur Sache selbst, um die Angriffe des Hrn. Dr. Walpers gegen mein letztes Buch: Die Pflanzenzelle. 4. Berlin bei &. W. F. Müller 1852, näher zu beleuchten.
In der Vorrede des genannten Buches, dessgleichen in der Ein- leitung habe ich offen und ehrlich bekannt, dass meine Arbeit man- gelbaft sei, dass sie Fehler enthalten müsse, Ich habe nm Belehrung für Irrthümer, um Nachsicht für Mängel gebeten.
Herr Dr. Walpers zeigt mir sogleich einen Irrthum, den ich eingestehe: Die Baumwolle ist keine Bastzelle, wie ich p.214 angenommen habe, sie ist ein Haargebilde.
Was ich auf derselben Seite bei der ungereinigten Baumwolle als Intercellularsubstanz bezeichnet habe, ist demnach als Cuticula zu deuten, Dass z. B. .‚die Baumwolle des Handels etwa dureh Maceration des Stengels der Baumwollenpflanze gewonnen werde“ habe ich nirgends gesagt. Ich wusste sehr wohl, dass sie ein Product der Frucht sei, hätte freilich auch wissen müssen, dass sie ein Haargebilde sei. — Herr Dr. Walpers hätte hier klüger gethan. nicht von der Wahrheit abzuweichen.
Herr Dr. Walpers hat Recht, wenn er den Satz p. 334 mei- nes Buches: .‚Wenn die dieotyledone Knospe zur Blüthe wird, so entwickelt sieniemals, wie die monocotyledone Knospe, dreizählige Blattkreise‘‘ in seiner Allgemeinheit angreift: hier ist das „niemals“ mit, „in seltenen Fällen‘, zu ersetzen. -— Herr Dr. Walpers hat endlich drittens Recht. wenn er den Satz p. 298 „Bei den Mo- nocotyledonen ist der ganze Umfang des Stammes zur Bildung eines Blattes thätig‘‘ wiederum in seiner Allgemeinheit bestreitet. Hier muss es heissen: bei der Mehrzahl der Monocotyledonen u. #. w.
Herr Dr. Walpers tadelt meinen Ausspruch ‚‚das Blatt kann keine Nebenwurzeln bilden‘ (p. 299 der Pflanzenzelle), hat aber in seinem Amtseifer vergessen, den Nachtrag zu berücksichtigen. Bert
heisst es p. 439: „‚Wurzelbildung ans dem Blatte. — Nach v.Mebl 1*r
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(die vegetabilische Zelle p. 106) sollen die Blätter einiger Pflanzen sehr leicht Wurzeln treiben. Ich habe diesen Fall nie beobachtet, vermuthe auch, nach der Analogie mit Bryophylium, die vorher- gehende Bildung einer Stammknospe, welcher die Nebenwurzeln ent- sprossen, während sich letztere selbst nicht vollständig entwickelt. — Ich werde diesen Punkt näher ins Auge fassen.‘‘ — Ich möchte Hrn. Dr. Walpers fragen, ob er die Pflanzen, deren Blätter nach ihm Wurzeln schlagen, genau beobachtet hat, Für Bryophylium, von ihm aufgeführt, irrt sich derselbe gar gewaltig, Auf p. 297 und p. 303. meines Buches hätte Herr Dr. Walpers lesen können, dass dort zuerst ein kleiner Zellenkegel (der Vegetationspunkt einer Stammknospe) entsteht, welche alsbald Blätter und Wurzeln ent- wickelt. Bei einigen Farrnkräutern, auf deren Blattfläche ein neues Pfäänzchen entsteht, verhält es sich ebenso. Weiss Hr. Dr. Wal- ‚pers so gewiss, dass es bei Cardamine und andern von ihm mit grosser Selbstgefälligkeit eitirten Pflanzen anders ist? Hr. Dr. Wal- pers scheint den wichtigen Unterschied zwischen Stammknospe und Waurzelknospe, den ich in meinem Buche deutlich genug hingestellt habe, dennoch nicht begreifen zu können. Mit blossem Auge oder mit der Lupe lässt sich dergleichen nicht immer sehen, hier muss man präpariren lernen,
Pag. 193 meiner Pflanzenzelle: ‚Da eine jede Gefässzelle nur aus einer Cambiumzelle des Lefässbündels entsteht, so findet man niemals Gefässe ausserhalb des Gefässbündels.““ Diese Behauptung wiederhole ich der Protestation des Hrn. Dr. Walpers ohngeachtet, derselbe muss offenbar erst lernen, was ein Gefässbündel ist, seine „zahlreichen Beispiele des Gegentheils‘ werden sich alsdann in Nichts auflösen. Noch schlechter fährt bei ihm meine Behauptung, dass ‚nur im Gefässbündel sich Gefässe, wirkliche Holz- und Bast- zellen entwickeln können‘ (p. 256). „Für den Kundigen ist es nicht nöthig, auf die unendliche Zahl gegentheiliger Fälle hinzuweisen“ lässt sich hier Herr Dr. Walpers vornehm hören, beweist aber dadurch zuglei:h, dass er kein Kundiger ist. Es möchte schwer fallen, mir auch nur in einem einzigen Falle eine Gefässzelle, dessgleichen eine wirkliche Holzzelle, ausserhalb eines Gefäss- bündels, nachzuweisen. Die von ihm eitirten Fälle zeugen nur für seine Unkenntniss, In der Wurzel der Saponaria officinalis liegen die Gefässe so gut wie anderswo nur innerhalb des Gefässbün- dels.. Wie die übrigen Zellen des Gefüssbündels ausgebildet sind, tbut nichts zur Sache; in den Stengeln aller krautartigen Pflanzen kann Hr, Dr. Walpers ähnliche Verhältuisse finden. -— Verholzte
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Zellen sind, selbst wenn sie langgestreckt auftreten, darum noch keine Holzzellen (s. p. 194 meiner Pflanzenzelle).
„Dass jedes wirkliche Blatt nur an seiner Basis wachse, d. h. dass die Zeilenverniehrung an seiner Spitze zuerst aufhöre, während sie an der Basis länger fortdauere‘‘ p. 298, 323, 328 meiner Pflan- zenzelle, ist trotz der Widerrede des Hrn. Dr. Walpers anch in seiner Allgemeinheit richtig. Mätte der Leiztere auch nur eineinzigesmal die Entwicklungsgeschichte eines Blattes ver- folgt, so würde derselbe gefunden haben, dass dessen zuerst ent- standene Zellen, welche die Spitze bilden, auch zuerst absterben. Hätte Herr Dr. Walpers die Orchideen unserer Wiesen verglichen, unsere Getreidepflanzen nur etwas näher im Freien angesehen, so würde er sich bald überzeugt haben, dass deren Blätter noch am Grunde fortwachsen, während nicht selten ihre obern Theile bereits abgestorben sind. Blätter mit zertheilten Nerven wachsen, wie mich in diesem Sommer die Entwicklungsgeschichte des Erlen- und Bu- chenblattes lehrte, nicht an der Basis allein, sondern an verschiede- nen Theilen ihrer Blattfläche, wie es bereits Grisebach ange- geben. Die Spitze ihrer Blätter ist aber demnach der Theil, wel- cher zuerst entsteht und zuerst aufhört, durch Bildung neuer Zellen fortzuwachsen. Die Proteaceen-Blätter, auf welche sich Hr. Dr. Wal- pers beruft, machen seinem Beobachtungstalent wenig Ehre. Die stachelförmige Spitze des Blattes der Hakea suaveolens ist der zu- erst entstehende Theil dieser Blätter, er stirbt auch znerst ab; bei der Manylesia cuneata ist ebenfalls diese Stachelspitze der älteste Theil des Blattes. Es bedarf kaum einer Lupe, um sich hiervon zu überzeagen. j
„Die Wurzel der Dicotyledonen entspricht im innern Bau dem Stamme, ich finde in ihr selbst in den schwächsten Seitenwurzeln alle Theile entwickelt“ (p. 329 meiner Pflanzenzelle). Hr. Dr. Wal- pers will diesen Satz in seiner Allgemeinheit nicht gelten lassen; ich fürchte aber dennoch, dass derselbe ihn nicht wird stürzen kön- nen. Eine jede von mir untersuchte Wurzel enthielt ein centrales Mark, einen Gefässbündelring und eine Rinde; demnach alle wesent- lichen Theile, welche im Stamme vorkommen, Wenn Hr, Dr. Wal- pers denselben Satz gefälligst weiter lesen will, so wird er finden, dass sich die einzelnen Theile der Wurzel nicht immer genau so als im Stamme ausbilden. Beobachtungen dieses Jahres haben mir gezeigt, dass die äussern Rindentheile unserer Waldbäume (Laub- und Nadelhölzer) in der Wurzel früher durch Periderma-Bildang ab- sterben als im Stamm, und dass desshalb Organe, welche der Stamm
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in diesem äussern Rindentheil enthält, der Wurzel fehlen. In der Wurzelrinde der Tanne, Fichte und Kiefer fehlen desshalb die Harz- . gänge, welche bei den genannten Bäumen niemals gleich den Bast- lagen vom Verdickungsringe nachgebildet werden.
„Die Gefässbündel müssen für die Pflanze von hoher Wichtig- keit sein, sie fehlen nur wenigen mit einem Stamm versehenen Pflanzen, den Leber- und Laubmoosen‘‘ (p. 256 meiner Pflanzenzelle). Herr Dr. Walpers findet es unlogisch, dass Schleiden und ich Bündel langgestreckter Zellen (wahre Cambiumzellen) als Gefäss- bündel ansprechen, denen die Gefässe fehlen. Herr Dr. Walpers spricht hier ausserdem von „einigen thatsächlichen Berichtigungen“, welche er indessen leider schuldig bleibt. Dass Cambiumbündel bei vielen Wasserpflanzen vorkommen, hätte Hr. Dr. Walpers bereits von Schleiden und mir erfahren können (p. 268 der Pflanzenzelle). Auf derselben Seite hätte er gleichfalls lesen können, dass auch Epipogium Gmelini im Rhizem (von mir irrthümlich Wurzel ge- nannt) ein centrales Gefäissbündel ohne Gefässe besitzt, welches sich verzweigend in den Blüthenschaft übertritt, und dort einige Spiral- gefässe entwickelt. Ist der Cambiumbündel im Rhizom hier kein Gefässbündel, weil er keine Gefässzellen enthält? Woher weiss Herr Dr. Walpers, dass die Gefüässe der wesentliche Theil der Gefässbündel sind? Nach der Entwicklungsgeschichte so wie uach der Function des Gefässbündels sind sie es nicht, da jeder später mit Gefässen versehene Gefässbündel anfänglich nur aus Cambium- zellen besteht, und da es keinen für die Pflanze thätigen Gefäss- bündel gibt, dem Cambiumzellen (vasa propria nach v.Mohl) fehlen. Wie will Herr Dr. Walpers die Gefässbündel-Anlagen im Keim der Pfianze selbst, in denen entweder schon vor der Keimung (bei der Eiche) oder während derselben (bei vielen andern Waldbäumen, und bei den Palmen) Gefässe, Holzzelien u. s. w. entstehen, nennen? — Der Name Gefäss, dessgleichen der Name Gefässbündel, sind böchst unpassende Bezeichnungen, wie sowohl Schleiden als ich sehr wohl wissen, wir haben diese Benennungen nicht geschaffen, wir haben sie nur beibehalten, da sie einmal eingehürgert sind; statt uns zu tadeln, hätte Hr. Dr. Walpers ibnen bessere Namen geben sollen.
Pag. 187 meiner Pflanzenzelle habe ich gesagt, „das Spiralge- fäss und seine nächste Modification, das Ringgefäss, ist das zuerst entstehende, es bildet sich in jedem entstehenden oder in der Fort- bildung begriffenen Gefässbündel, es scheint demnach die niedrigste Form der Gefässzelle zu sein. Wo überhaupt Gefässe im Gefäss-
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bündel vorkommen, sucht mah nach im niemals vergebens.‘ — Herr Dr. Walpers will mich hier eines Widerspruches beschuldi- yen, der übrigens wicht vorhanden ist. vielmehr nur in seiner Art zu lesen beruht. Ich habe nirgends gesagt, dass bei Marsilea (p. 263) die Spiralgefässe fehlen. sie sind dort, wie ich Merrn Dr. Walpers beweisen will, allerdings vurkanden; ebenso wenig fehlen dieselben dem Stengel von Lycapodiwm, wie Herr Dr. Walpers mit apodic- tischer Gewissheit behaupte. Wenn man den der Länge nach ge- apaltenen Stengel von Zycopodium elavatum nach der von Schulz in Rostock angegebenen Methode behandelt (p. 31 meines Mikrosko- pes), so kann man Spiralgefässe und alle Vebergangsstufen desselben bis zum Treppengefäss in Menge wahrnehmen. Was für Lycopo- dium gilt, wird auch für das andere gelten.
„Die Blattwedel (der Farrnkräuter) treten ähnlich den Blättern der Phanerogamen als kleine zellige Erhebungen unter der Terminal. knospe hervor, wachsen jedoch nicht wie das Blatt, sondern wie der Stamm an ihrer Spitze. Hofmeister hielt die Blattwedel dess- halb mit Recht für Stengelorgane, die Spreuschuppen betrachtet er als Blätter“ p. 315 der Pilanzenzelle. Ich bitte Herrn Dr. Wal. pers mir erst zu zeigen, wo ich gesagt, dass ich genannte Spreu- schappen für wahre Blätter halte. Kein Mensch, der deutsch ver- steht, wird aus dem bier eitirten Satz diese Ansicht entnehmen kön- nen. Herr Dr. Walpers scheint es mit der Wahrbeit nicht allzu genau zu nehmen.
Auf pag. 299 meines Buches heisst es: „Ihr Uharacter (der Wurzel) bleibt unter allen Bedingungen derselbe, ihr fehlt überall die Möglichkeit, aus sich selbst Blätter zu bilden, weil sie nicht, wie der Stamm, mit einem Vegetationspunkt (einer Terminalknospe), sondern mit einer Wurzelhaube endigt. Die letztere besteht aus einer Schicht absterbender Zellen, unter welcher das fortlebende Gewebe der Wurzelspitze liegt.‘ Dieser Satz, den Hr. Dr. Walpers für unrichtig erklärt, ist dessen ohngeachtet unantastbar. Pag. 290. meines Buches kann Herr Dr. Walpers lesen: „Der Wurzeikaospe mangelt die Fähigkeit Blätter zu bilden; eine Wurzel kann desshalb niemals die Function des Stammes, der Stamm niemals die Function der Wurzel übernehmen, wehl aber können beide durch Bildung von Adventivknospen (Stammknospen) oder Adventivwurzeln das Leben der Pflanze fortführen.‘ Herr Dr. Walpers hätte hier demnach seine Weisheit sparen können. Dass eine wahre Wurzel eines Zweig bilden kann, ist keine neue Sache; der Wurzelausschlag vie- ler Waldhäume ist hinreichend bekannt. Dass diese Zweige aber
niemals direct aus der Wurzel selbst entstehen, vielmehr sich erst aus einer Stammknospe, welche am Verdickungsring der Wurzel ihren Ursprung findet, bilden, scheint Herr Dr. Walpers nicht zu wissen, — Meine Beobachtungen stimmen demnach in allenStücken mit den Erfahrungen der Gärtner überein, sie widersprechen den- selben in keinem einzigen Falle; sie geben mit Hilfe des Mi- kroskopes die richtige Erklärung der Vorgänge, welche ich selbst von dem tüchtigsten Gärtner nicht erwarten darf, deren Kenntniss ich aber von jedem, der über Pflanzen-Physiologie mitzusprechen wagt, verlange.
- Ich werde Herrn Dr. Walpers sehr dankbar sein, wenn er mir in wirklichen Cambiumzeilen auch nur ein einziges Stärk- mehlkorn nachweisen kann; bis dahin muss ich annehmen, dass der genannte Herr Cambiumzelien und Parenchymzellen nicht zu unter- scheiden versteht. \ , j
Herr Dr. Walpers gibt mir Schuld, die Ausläufer der Viola für das Rhizom dieser Pflanze gehalten zu haben. Ich frage Herrn Dr. Walpers, ob ein unterirdischer Ausläufer kein Rhizom ist? und. wo die Grenze zwischen einem unterirdischen Ausläufer and einem Rhizom liegt?
Der Wurzelstock von Viola odorata, an welchem Herr Dr. Wal. pers grossartige Entdeckungen gemacht, ist nur wenig anders ge- baut als der Stamm anderer dicotyledoner Pflanzen; er unterscheidet sich keineswegs scharf von den sewohl unter als auch über der Erde laufenden Ausläufern dieser Pflanze. Die Ausläufer besitzen lange Stengelglieder, der ebere Theil des Stammes, dem Hr. Dr. Wal- pers allein die Benennung Rhizom zuerkennt, hat dagegen sehr - verkürzte Stengelglieder, seine Spitze trägt den Vegetationspunkt. Ich würde diesen Theil, der nicht mehr in der Erde liegt, ungleich richtiger als Stamm bezeichnen, Der Unterschied im irnern Bau dieses Stammes und.der Ausläufer beruht einzig und allein auf der relatiien Länge ihrer Stengelglieder.. An den Stellen der unterirdi- schen Ausläufer, wo keine Blattnarben befindiich sind, findet man einen vollkommen geschlossenen Holzring. Ein Querschnitt durch den eigentlichen Stamm zeigt dagegen getrennte Gefässt ündelgrop- pen, der Zahl nach verschieden. Schält man von diesem Theil (vom eigentlichen Stamm) die Rinde sorgfältig ab, so erhält man das Bild eines Gefässbündelverlaufs, etwa dem entsprechend, was ieh Taf. XV. F. 4. der Pflunzenzenzelle (von Struthiopferis germanica) abgebildet habe. Die Gefässbündel des Holzringes weichen nämlich da, wo ein Blatt gesessen, nach beiden Seiten von einander, um sich über der
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Blattnarbe wieder zu vereinigen, während andere Theile des Gefäss- bündelkreises durch die entstandene Parenchymlücke zur Klattnarbe verlaufen. Ein ähnliches Verhältniss erscheint bei sehr vielen Pflan- zen, Jeder gut geführte tangentiale Längsschnitt beweist, dass die Gefässbündel hier keineswegs, wie Herr Dr. Walpers angibt, spi- ralig ‚verlaufen, das Auseinandertreten und das Wiederzueinander- tre‘en der Gefüssbündel entspriebt hier genau dem Verhalten der Gefässbündel derjenigen Pflanzen, welche grosse Markstrahlen. be- sitzen, z, B. der Eiche und Buche, Jedem Tischler und Holzhauer sind letztere als Spiegelfasern bekannt. In den unterirdischen Aus- läufern des Veilchens findet man unter jeder Blattnarbe dasselbe Auseinanderweichen und Wiederzusammentreten der Gefässbündel. Die verkürzten Stengelglieder des eigentlichen Stammes sind dem- nach die Ursache der dort getrennten Gefässbündelgruppen. — Für Viola mirabilis gilt dasselbe, die Stengelglieder des Stammes sind hier jedoch etwas länger; im unterirdischen 2jährigen Ausläufer ist ein schwach entwickelter Jahresring erkennbar. Die Markstrah- len scheinen im Holzring dieser Pflanze allerdings, wie ich es p. 260 meiner Pflanzenzelle angegeben, zu fehlen. Ein sehr gelungener radicaler Längsschnitt zeigte mir jedoch in der Anordoung bestimm- ter Zellen einen den Markstrahlen entsprechenden Verlauf derselben. Ich möchte -desshalb meinen frühern Ausspruch dahin verbessern, dass hier sehr schwer von den übrigen Zellen der Holzringe unter- scheidbare Markstrahlen vorhanden sind.
Herr Dr. Walpers glaubt in dem angeblich spiraligen Verlauf der Gefüssbündel von Viola das grosse Räthsel der spiraligen Blatt- stellung gelöst zu haben. Er fordert eine genaue Untersuchung der Gefässbündel nach Zahl, Stellung und Verlauf, „da die Zahl und Vertheilung der Blitter doch lediglich von der Lage und dem Ver- lauf der Gefässbündel abhängig ist." Dass die Gefässbündel nicht die Ursache der regelmässigen Blattstellung sind, hätte Hr. Dr. Wal- pers schon in meinem Buche p. 307. lesen können. Die behlätter- ten Lebermoose (Pirgiochilz, Scapania, C.lypogeia, Frullania, Jun- germantia u. s. w.) haben bekanntlich keine Spur eines Gefässbün- dels und dessen ohngeachtet eine sehr constante Blattstellung. Der Trieb unserer Wallbäume, für das kommende Jahr bestimmt, ent- wi.keli sich im Herbst innerhalb der Knospe. In diesem Triebe sird z. B. die Nadeln der Tanne, deren Spiralstellung bekannt ist, bereits im Herbst als kleine Zellenkegel angelegt, während im Früh- jahr erst innerhalb des Verdicknngsringes die Gefässbündel, als Ver- längerung derjenigen des vorigen Jahres, entstehen. Zur Entächel-
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dung solcher Fragen hilft freilich das Namen - Verzeichniss von „200,000 Pflanzen‘ zu nichts; hier muss man gründlich unter- suchen lernen.
Die Ursache der constanten Blatistellung liegt demnach nicht in dem Verlauf der Gefässbündel, sie liegt in der Knospe und zwar in dem Verhältniss, nach welchem der Vegetationspunkt seine Blätter entwickelt. Meine vergleichenden Untersuchungen über die Knospen werde ich in meinem nächsten Buche „der Baum‘, wel- ches zu Ostern bei G W. F. Müller in Berlin erscheint, bekannt machen.
Die „anomale Wurzelbildung bei Sempervirum tectorum L.“, von welcher Herr Dr. Walpers so viel Aufhebens geinacht, löst sich in eine durchaus normale Wurzelbildung auf. Die Seiten- wurzeln, welche nicht vom Verdiekungsring der Hauptwurzel aus- gehen, vielmehr den Holzeylinder durchsetzen, sind eben so normal, d. b. am Verdickungsring entsprungen, sie sind nur älter als die übrigen. Der dicotyledone Holzring kann sich bekanntlich, sowohl im Stamm als in der Wurzel, mit Hilfe des Verdickungsrin- ges fortbilden, die Markscheide ist bekanntlich der älteste Theil der Holzringe. Wurzeln, welche nur der Markscheide entspringen, sind demnach älter, als solche, die aus der Mitte der Holzringe hervor- gehen; Wurzeln, deren Anfang zur Zeit noch am Verdickungs- ringe liegt, sind die zuletzt entstandenen. Alle diese Fälle hätte Herr Dr. Walpers an einer einzigen Hauptwurzel des Semper- vivum teclorum sehen können.
Die Wurzelbildung der letztgenannten Pflanze ist demnach für jeden wirklichen Pflanzen-Physiologen durchaus normal,
Auch die jüngsten, noch innerhalb der Rinde der Hauptwurzel liegenden Seitenwurzeln von Sempervivum beritzen ein centrales Mark, das nach Hrn. Dr. Walpers anfänglich in ihnen nicht vor- handen ist. Ich bitte den letztgenannten Herrn, mir die spätere Bil- dung eines Markes innerhalk eines Gefässbündels (!!) zu erklären. Das Mark vieler dicotyledoner Neben- oder Seitenwurzeln ist gerade darum so klein, weil diese Wurzeln aus sehr kleinen Wurzelknos- pen entspringen. Dem Mark fehlt nämlich die Möglichkeit, sich später zu vergrössern; die Markscheide und noch mehr der Holz- ring verhindern jede spätere Ansdehnung des Markes,
Ausser der Bildung von Neben- oder Seitenwarzeln gibt es aber dennoch, und zwar keineswegs abnorm wenn gleich selten, eine zweite Art der Wurzelbildung. Die Wurzelspitze einer Haupt- und Neben- wurzel theilt sich nämlich in seltnen Fällen, wenn sich der Vege-
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tationspunkt eines Stammes, gleichfalls in seltinen Fällen, theilen kann. Tbeilung der Wurzelspitze beobachteie ich bei den zertheil- ten Orchisknollen, z. B. bei Gymnadenia, Habenaria, dessgleichen bei Orchis maculalta und O. latifolia, ferner an den jüngsten Wur- zelanschwellungen junger Erlen. Auf der Naturforscher- Versamm- lung zu Wiesbaden habe ich bereits dieses Verhältnisses gedacht.
Nachdem ich jetzt Punkt für Punkt die Angriffe des Herrn Dr. Walpers, sowie einige der neuesten Untersuchungen des genann-. ten Herrn genauer beleuchtet habe, darf man nicht mehr von mir erwarten, dass ich seine leiste Arbeit .‚Beiträge zur Kenntniss des Stärkemehls,‘‘ Flora Nr. 44. 1852, einer speciellen Prüfung würdige. Wer in leicht zu entscheidenden Fragen, die oftmals kaum einer mikroskopischen Untersuchung bedurften, so grobe Fehler machte, so grosse Unwissenheit kundgab, darf nicht verlangen, dass ich in wirklich schwierigen Untersuchungen, zu denen die Entwick- lungsgeschichte des Stärkmehls unbestreitbar gehört, auf seinen Audspruch auch nur einiges Gewicht lege. Der von mir gegen die Nägeli- Münter’sche Theorie der Bildung des Stärkmehlkorns, welche Herr Dr. Walpers vertheidigt, angezogene Grund (p. 40 der Pflanzenzelle) möchte doch ein wenig mehr Bedeutung haben, als der letztgenannte glaubt.
Herr Dr. Walpers beantworte mir zuerst die Frage: Wie wächst das Stärkmehlkorn, wenn" seine Schichten sich von Innen her bilden? Ist es von Anfang an so gross, als es später im höchst- ausgebildeten Zustande erscheint? — In letzterem Falle müsste man in der Kartoffel zuerst grosse hohle Stärkmehlblasen finden, statt solcher trifft man dagegen kleine rande Stärkmehlkörner mit centra- lem Kern. — Dehnt sich dagegen die zuerst entstandene Stärk- mehlschicht mit dem Grösserwerden der Körner und gilt diese Dehn- barkeit für alle folgenden Schichten, so müsste die äusserste Schicht des Stärkmehlkornes am dünnsten sein, die innerste aber jedenfalls, sobald das Korn noch wachsen soll, ungleich dicker angelegt er- scheinen. Davon zeigt die Beobachtung aber gar nichts oder gar das Gegentheil. Kennte Herr Dr. Walpers die Anwendung der Chlorzink-Jodlösung auf das Stärkmehlkorn (p. 40 meiner Pflanzen- zelle), 80 würde er sich überzeugt haben, dass beim Aufquellen der einzelnen Schichten durch dieses Mittel niemals eine solche Ungleich- heit der letztern in die Augen fällt, dass vielmehr sehr häufig so- wohl nach Innen wie nach Aussen dickere Schichten mit dünneren Schichten wechseln, dass die eine Seite einer solchen Schicht, bei der Kartoffelstärke namentlich in den äussern Schichten, dicker als die
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andere ist, wodurch der anfangs centrale Kern später excentrisch wird. Durch ein Wachsthum der einzelnen Stärkmehlschichten vermittelst Intassusception, zu welcher Hypothese Herr Dr. Wal- pers vielleicht seine Zuflucht nehmen wird, lasse ich mich nicht abweisen, seitdem mir für Ulothri.r sichere Beobachtungen der Debn- barkeit der Zellenmembran zur Seite stehen {p. 70 der Pflanzenzelle).
Wir bedürfen allerdings einer recht genauen Entwicklungs- geschichte des Stärkmehlkornes; eine solche darf aber, wenn sie wirklich für die Wissenschaft von Yıtzen sein, wenn sie die Frage entscheiden soll, nur von einem Minne unternommen werden, der in jeglicher Brziehung das vollste Vertrauen in Anspruch neh- men darf, dessen Fahigkeit als mikroskopischer Beobachter sich be- reits bewährt hat. Untersuchungen von Männern ausgeführt, welche diese Qualitäten nicht besitzen, können in schwierigen Fra- gen, die nicht jeder zu wiederholen Zeit und Gelegenheit findet, niemals einen Ausschlag geben. Meine eigenen Beobachtungen bestimmen mich, der Ausicht v. Mohl’s und Schleiden’s über die Bildung des Stärkmehlkornes beizutreten.
Nach der Art und Weise, in welcher Herr Dr. Walpers andere angreift, sollte man glauben, er selbst müsse unfehlbar sein, und doch hat derselbe schonungslose Richter anderer Fehler sich bequemen müssen, ein 12 Octav-Seiten füllendes Irrthümer- Verzeichniss für seine Vebersetzung der Bravais'schen Arbeit über Blatt- und Blüthenstellung als besondern Artikel drucken zu lassen. Diese fast zahllosen Irrthümer sind nicht allein aus Un- kenntniss der französischen S;rache, sondern noch ungleich mehr aus Unkenntniss des Gegenstandes hervorgegangen. —- Erstaunen muss man endlich, wenn man Hrn. Dr. Walpers’ flehentliche Bitte um Schenung für Fehler und Mängel seines Repertorii liest.*) Der Merkwürdigkeit halber eitire ich die Schlussworte dieser Bitte, wo sich Hr. Dr. Walpers auf den Ausspruch des Prof. E.Meyer bezieht: „‚Berichtigungen aufzunehmen und hier mitzutheilen, wäre sehr verkehrt. Wer dergleichen zu machen hat, sende sie lieber dem Verfasser oder Verleger für die zu erwartenden Nachträge ein. Wer das unterliesse und später tadelnd aufıräte, von dem müsste man vermuthen, dass es ihm mehr um den Tadel, als um die Ver- besserungen zu thun wäre!“
Diese Worte sind gewiss sehr hübsch und richtig; ich merke aber dennoch eine solche Schonung nicht. Wer öffentlich mit
*) Berliner botanische Zeitung 1851, p. 575.
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seiner Ansicht hervortritt, muss sich auch öffentlich berichtigen lassen; aber ich verlange, und kann es mit Recht verlangen, dass wer mich tadeln will, das Recht hat, mich zu tadeln; ich verlange ferner, dass jede wissenschaftliche Berichtigung in einer der Wis- senschaft würdigen Sprache geschieht. Jede wirkliche Berichtigung werde ich immer mit Dank aufnehmen. Wenn aber jemand überall seine Unwissenheit, überall seinen bösen Willen an den Tag legt, so schreibt er nur zu seinem eigenen Schaden; die Verachtung aller Gutgesinnten ist sein Lohn.
Herr Dr. Walpers hat kein Recht, hat keinen Anspruch auf die Schonung anderer; mir ist nicht bekannt, dass derselbe an- , dere jemals geschont hätte. Wer sich nicht entblödet, Druckfehler als Irrthümer*) zu rügen (Gossipium und Chossypium p. 214 und 466 meiner Pflanzenzelle) darf wenigstens von mir keine Schonung erwarten. — Wer sich zum Kampfhahn aufwirft, muss sich als sol- cher behandeln lassen.
So bin ich denn mit Herrn Dr, Walpers fertig. Ich spüre keine Lust, dessen frühere anatomisch-physiologische Arbeiten näher anzusehen, meine Kritik derselben würde, so fürchte ich, nicht alizu günstig lauten. Ich habe bereits erreicht, was ich erreichen wollte: Ich babe den Standpunkt bezeichnet, welchen Herr Dr. G. Walpers in Berlin der Pflanzenphysiologie ge- genüber einnimmt. Die Beurtheilung seiner Leistungen auf dem Felde der systematischen Botanik überlasse ich anderen. Ich scheide von ihm mit dem Gefühle des Dankes, dass er mich in so gute Gesellschaft gebracht. Mit Schleiden und Hofmeister, deren Ruf in der Pflanzenphysiologie felsenfest begründet ist, von Herrn Dr. Walpers getadelt zu werden, kann für mich nur eine grosse Ehre sein.
Sollte Herr Dr. Walpers fernerhin Vergnügen finden, die Pflanzen-Physiologie im Allgemeinen oder mich im Besondern mit seinen Angriffen zu beehren, so erkläre ich ihm hiemit zum vor- aus, dass ich dieselben keiner weiteren Antwort würdigen werde.
Berlin, im December iS52.,
*) Für einige wirklich vorhandene Schreibfehler bitte ich das gelehrte Publi- cum um Nachsicht.
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Literatur
De cellula vegetabili fibrillis tenuissimis contexta. Auctore J.G. Agardh. Lunde, typis Berlingianis. 1852. 10 pag, in 4. cum 2 tab.
Eine für die Geweblehre der Pflanzen höchst interessante Ab- handlung, die gewiss viele neue Forschungen hervorrufen und viel- leicht auf die künftige Gestaltung dieses Theils der Botanik von wesentlichem Einflusse sein wird, Gegen die jetzt fast allgemein angenommene Ansicht, dass die Zelle ein allenthalben geschlossenes Bläschen sei, das aus einer eiufachen geweblosen Membran und aus secundären, später auf dieser stellenweise, oft in Form von Spiral- oder Ringfasern, abgelagerten Verdickungsschichten bestehe, bringt der Verf. hier neue, an Conferva Melagonium, Griffithsia equisetifolia, Polysiphonia complunata u.-a. Algen gemachte und durch treffliche Abbildungen erläuterte Beobachtungen bei, aus welchen hervorgeht, dass wentgstens bei diesen Pflanzen die äussere Begrenzung der Zellen von zahlreichen, mehr oder minder feinen, sich vielfach ver- schlingenden und durchkrenzenden Fasern gebildet werde, und dass demnach nicht die Zelien, sondern diese Fasern als die eigentlichen Elementarorgane der Pflanze betrachtet werden müssen. Die Zell- wand erscheint hier gewissermassen als ein Gewebe, in welchem die der Länge nach und spiralig verlaufenden Fasern die Kette, und die quer dazwischen geflochtenen den Einschlag darstellen. Diese Fasern sind dicht, bald stärker, bald schwächer, und im letzteren Falle erst bei bedeutenderen Vergrösserungen wahrnehmbar, bald einfach und einzeln verlaufend, bald zu mehreren wie ein Strick zu- sammengedreht und dann deutlicher in die Augen springend. An gewissen Stellen, welche äusserlich als Gliederungen erscheinen, setzen sich einige dieser Fasern unmittelbar und in verticaler Rich- tung in die darüber liegende Zelle fort, andere gehen plötzlich von entgegengesetzten Seiten und unter einem stumpfen Winkel in eine horizontale Richtung über, bilden so die Querscheidewand zwischen benachbarten Zellen und schliessen sich dann wieder gleichfalls un- ter einem stumpfen Winkel den ersteren zur Bildung der oberhalb befindlichen Zellenwand an. Der zwischen diesen beiden Winkeln bleibende dreiseitige Raum bildet beiderseits einen sogenannten In- tercellulargang. Obwohl der Verf. zuweilen zwischen einzelnen dieser Fasern ein dünnes Häutchen bemerkte, so glaubt er doch nicht zur Annahme einer eigentlichen, die Fasern verbindenden Membran ge- nöthigt zu sein, sondern diese Erscheinung einer zwischen und an
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den Fasern vorkommenden hie und da gerinnenden Gallerte zuschrei- ben zu können. Ob diese Zusammensetzung der Zeile allgemeiner im Pflanzenreiche, auch bei den höheren Gewächsen, nachweisbar sei, hält der Verf. nicht für unwahrscheinlich; unsern Phytotomen ist dadurch jedenfalls ein neues Feld der wichtigsten Untersuchungen eröffnet. F.
Ueber die Existenz eines absteigenden Saftes in unsern ein- heimischen Bäumen. Von Prof. Dr. Göppert. (Verhandl. des schlesischen Forstvereins, 1852. S. 355—360.)
Das Factum, welches hier als Beweis für die in nenerer Zeit wieder bestrittene, absteigende Richtung des Bildangssaftes in der Rinde der Pflauzen angeführt wird, wurde an einem 2 Zoll dicken Lindenstamme im Forstreviere Zobten beobachtet. Dieser war durch Muthwilten des grössten Theils seiner Rinde beraubt worden, nur etwa der dritte Theil derselben sass noch mit einem obern und un- tern Theile am Stamme, ohne zwischen diesen beiden Punkten irgend eine Berührung mit letzterem zu gewähren. Demungeachtet hatte nach einiger Zeit diese einst abgetrennte Rinde einen zweiten oder Nebenstamm gebildet, dessen Holzlagen nach dem inzwischen abge- storbenen Stamm gerichtet waren und eines Mittelpuuktes des Mar- kes gänzlich entbehrten. Da an den völlig entrindeten Stellen des Stammes kein weiteres Fortwachsen stattgefunden hatte, so ergibt sich wohl hieraus ohne Zweifel, dass die bei weitem grössere Quan- tität des Bildangssaftes nicht, wie einige Physiologen annehmen zu dürfen glauben, durch den Stamm, sondern durch die Rinde den Weg zur Wurzel nahm, Durch Abbildungen sind die hier bespro- chenen Verhältnisse anschaulich gemacht. F.
Ueber die Schütte. Ein akademisches Gutachten, erstattet von Professor Dr. F. Stein. (Tharander Jahrbuch VII. N. F. 1 S. 208--227.)
Das in den letzten Jahren sehr weit verbreitete Auftreten der Schütte oder des plötzlichen Abwerfens der Nadeln von jungen Kie- fern hat mit Recht die volle Aufmerksamkeit der Forstmänner wie der Pflanzenphysiologen auf sich gelenkt und auch das vorliegende Gutachten veranlasst, dem eine grosse Menge theils eigener, theils von Andern gemachter Erfahrungen zu Grunde liegen. Nach den bisher ermittelten Thatsachen zeigten sich die Kiefern vor dem Ein- tritt der Schütte meist in jeder Beziehung gesund, so dass die Ver- anlassung zu derselben nicht ven Innen, sondern nur von Aussen kommen konnte. Sie tritt nur im Frühjahre, nach schon länger er- folgtem Eintritte des Saftes in die Pflanzen auf und steht bezüglich der Intensität im umgekehrten Verhältnisse zur Höhe der Kiefern, indem sie mit der grössten Heftigkeit und Ausdehnung die ein- und zweijährigen Saaten ergreift, grössere und kräftigere Pflanzen aber entweder gar nicht, oder nur an ihren unteren Zweigen heimsacht. Die geognostische und chemische Beschaflenheit des Bodens bat auf
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die Schütte keinen besondern Einfluss, doch wird sie durch Nässe und lichtere Farbe desselben begünstigt. Dagegen steht sie in einem um so innigerem Zusammenhange mit der Bedeckung des Bodens und der Exposition des Schlages, auf welchem die Kiefern wachsen. Niemals hat man Kiefern schütten sehen, welche durch satürlichen Anflug in älteren Beständen aufgewachsen und durch die Kronen der letzteren überschirmt waren. Selbst ein mit Unkraut bedeckter Boden verhindert die Schütte. Winde üben keinen besondern Ein- fluss, wohl aber begünstigt jede Lage, welche das Eindringen star- ker Luftströmungen ausschliesst, weun sie nur das Hereinsehen des freien Himmels nicht verhindert, die Schütte ungemein. Schläge, welche ringsum von ältern Bestünden umschlossen sind, werden ver- zugsweise von ihr heimgesucht. Aus diesen Thatsachen, verglichen mit den Erscheinungen, welche der normale Blattfall im Herbste darbietet, folgert der Verf., dass die während der Frühjahrsnächte oft eintretenden tiefen Temperaturerniederungen in der Nähe des Bodens, welche durch die Wärmeausstrahlung desselben bedingt sind, die Ursache dieses unzeitigen, verfrühten Blatifalles seien. Um diese Zeit hat die Vegetationsthätigkeit der Pflanzen den kräftigsten Auf- schwung genommen und ist daher gegen schnell abwerhseinde be- deutende Temperaturd;fferenzen um so empfindlicher ; die besonders in windstillen und wolkenlosen Nächten stärkere Wärmeausstrahlung des Bodens, besonders wenn dieser unbedeckt ist, verursacht gerade in der Nähe desselben die merklichste Abkühlung der Luft, selbst bis einige Grade unter dem Gefrierpunkte, was, zusammengehalten mit einer um diese Zeit nicht seltenen Tegeswärme vou 18 u. meh- reren Graden dem Vegetationsprocesse nur nachtheilig sein kann, In den höher gelegenen Luftschichten, so wie an einem bedeckten, die Ausstrahlung der Wärme hindernden Boden treten dergleichen bedeutende Temperaturdifferenzen, daher auch die Schütte, nicht ein. Als das vorzüglichste Mittel gegen dieselbe schlägt daher der Verf. vor, bei der Anlage junger Kiefernsaaten jele geschützte oder tiefe Lage zu vermeiden und die jungen Pflauzen schon während des Winters bis tief in das Frühjahr hinein mit einem schlechten Wär- meleiter, z. B. einer dünnen Schichte von Moos, abgefallenen Laub oder von Nadelhulzzweigen zu überdecken. Dadurch wird auch im Winter die eft fehlende Schneedecke ersetzt, und zugleich der Ein- tritt der Vegetation his zu jener Jahreszeit hinausgerückt, wo die Nachttemperatur nicht mehr zum Gefrierpunkt herabsinkt und somit auch die unmittelbare Veranlassung der Schütte wegfällt, F.
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Bei meinen Arbeiten in der Gattung Wentha beab-ichtixe ich auch ein Hoerbarium der Wenthess herauszuseben. Bis jetzt ist f eilich die Arbeit noch wicht zum Atserlu se gekommen. Um aber ıneige grossen \ar- yatbe vorläufig etwas zu Tichten, hahe ich 30 Arten, Varı täten, Formen und Hybrulen au. dieser Gattune zusammengelegt, welche ich im Tasche gegen 50 Ex. eier wir fehlenden Mentha oder gegen Zusendung von 1 Rthlr. P c abgebe, Mittheilungen erbitte ich franco ”
Coblenz, im December 1852. Ph. Wlrtgen.
Reiactenr und Verleger: Dr, Fürnrohr in legensburg,
RLORA,
———- NE 2. Regsenshurg. 14. Januar. 1853.
Inhalt: orıcınar-arııanpLung, Wydler, morphalogische Bemer- kungen, (Ueber die Knollenbildung bei Scrofularia nodosa, Verstäubungsfolge der Antheren von Saxifraga nnd Dianthus, Anenfone nareissiflora.) — LITERATUR. Fries, Hymenomycetes in Suecia nuper detecti. — PERSONAL-NOTIZEN.
Morphologische Bemerkungen. Von Professor H. Wydler in Bern. (Hiezu Tafel 1.)
1.) Veber die Knollenhildung hei Serofularia nodosa WL. (Fig. 1-5.)
Unter den mannigfaltigen Knollenbildungen, welche uns die phanerogamischen Gewächse darbieten, und welche bald dem Blatt- erzeugenden Theil der Pflanzenaxe (Stengel), bald der Wurzel an- gehören, ist meines Wissens bis jetzt nirgends einlässlicher von der- jenigen die Rede gewesen, welche wir bei Srerofularia nodosa an- treffen, und von welcher ich hier eine kurze Beschreibung zu geben beabsichtige. Die Pilanze zeigt in den ersten Anfängen ihrer Kei- mung nichts Ungewöhnliches. Das Kotyledonarglied, d. h. das erste unterhalb der Kotyledonen befindliche Stengelglied *), wenn man es hier übrigens als ein solches betrachten darf, und die es nach unten
*) Was ich hier Kotyledonarglied nenne, ist derjenige Theil der Pfianzen- axe, deu (los in seiner verdienstlichen Arbeit (Annal. d. sciene. nat, 3e. scr. XIII. p. 6) über den Wurzelhals und über einige Knollenbildun- gen mit dem Ausdruck co//et bezeichnet, Halten wir die dort angege- bene Definition fest, dass nämlieh der Wurzelhals (collet) denjenigen Theil der Pflanzenaxe begreift, welcher zwischen den Kotyledonen und der Wurzelbasis (welch' letztere durch den Ort bestimmt wird, von welchem die ersten seitlichen regelmässig gestellten Wurzelzasern abgehen sollen) liegt, so müssen wir auch für Scroful. nodosa einen Wurzelhals anneh- men. Er würde sich dann so weit erstrecken, als er über der Erde her- vorragt und zugleich eine grüne Färbung zeigt, nämlich von den Koty- ledonen bis an die Stelle, wo er, meisteine Biegung erleidend, die ersten Seitenzäserchen abgibt. Berücksichtigen wir hingegen seine Struetur, so müssen wir diesen Wurzelhals bei der in Rede stehenden Pflanze vielmehr zu der Wurzel rechnen und ihren Ursprung als dicht unterbalb
Flora 1853, 2, 2
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fortsetzende schmächtige Hauptwurzel fliessen wie bei hundert an- dern Pflanzen so in einander, dass eine bestimmte Grenze zwischen beiden nicht angegeben werden kann. Die von dem Hauptwürzel- chen ausgehenden Seitenzäserchen lassen nur höchst selten einige Regelmässigkeit in ihrer Anordnung erkennen. Hält man alle vor- kommenden Fälle zusammen, so möchte man schliessen, dass ihre ursprüngliche (durch Fehlschlagen vielfach getrübte) Stellung die in 4 Reihen oder Zeilen sei.
Nachdem das Keimpflänzchen 3—-4 Blattpaare (die Kotyledonen eingerechnet) entwickelt hat, erscheinen in den Achseln der Keim- blätter die ersten Spuren von Knöspehen und bald darauf macht sich eine geringe Anschwellung des Kotyledonarknotens bemerklich. Diese Anschwellung nimmt nur allmählig zu, mehr oder weniger Schritt haltend mit der Vergrösserung der Kotyledonarknöspchen selbst. Die Anschwellung des Knotens geschieht zugleich vorzugsweise in der Richtung jener Knöspchen, wodurch diese gleichsam aus einander 'ge- rückt und immer weiter von einander entfernt werden. Gleichzeitig mit dem Auftreten der Kotyledonarknöspchen, oder auch bald nach- her, seltener schon vor ihrer äussern Erscheinung, beginnt aus dem angeschwollenen Knoten bereits eine secundäre Wurzelbildung in Form zweier kleiner zwischen die Kotyledonen fallender einander gegenüberstehender Zäpfchen, welche sich hakenförmig abwärts krümmen und sich bald zu einer fädlichen anfangs unverzweigten Zaser verlängern. Diese Adventivwürzelchen entspringen aus dem Gefässkreis des Kotyledonarknotens, sie durchbrechen dessen Rinde und Oberhaut, so dass letztere eine schmale Coleorrhiza rings um ihre Basis bildet. Anfangs sind diese Zasern von einem leicht zer- störbaren Haarfılz überzogen, wovon aber die Spitze der Zaser (wie bei allen Pflanzen) stets frei bleibt. Ihr Wachsthum ist ziemlich
des Kotyledonarknotens beginnend annehmen, indem der Gefässkreis des Stengelehens an dieser Stelle sich zu einem Strang vereinigt, welcher als centrales Gefässbündel das Kotyledonarglied und das Würzelcher durchzieht, eine Organisation, wie wir sie bei vielen einjährigen Pflanzen wiederfinden, worauf ich aber zur Unterscheidung von Stengel und Wur- zel kein gar zu grosses Gewicebt legen möchte. Jedenfalls unterscheidet sich das Kotyledonarglied oder der Wurzelhals bei sehr vielen Pflanzen von den über den Kotyledonen befindlichen Stengelgliedern schon durel' seine Form und seinen Mangel an Epidermoidalgebilden, sowie auch dadurch, dass er nicht selten bald ganz, bald theilweise sich zur Knolle gestaltet, wie z. B. bei Corydalis cara, Anemone nemorosa, Oral hedysaroides, Cyclamen etc. Auch die sogenannten Wurzelsprosse! mancher einjähriger Pflanzen entspringen aus dem Wurzelhals,
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rasch, so dass sie nicht nur bald an Länge der Hauptwurzel gleich- kommen, sondern sie sogar oft übertreffen, und später dann auch Seitenzweiglein bekommen. Inzwischen haben sich auch die Koty- ledonarknospen vergrössert, ihr Axentheil hat sich gedehnt. Dieser letztere nimmt nun auch an der Knolienbildung Theil und verschmilzt mit dem ursprünglich verdickten Kotyledonarknoten zu einem Stück. Die durch das Anwachsen der Knolle immer weiter aus einander rückenden Knospen entfalten sich nach und nach zu beblätterten Trieben und streben nun aus ihrer anfangs mehr horizontalen oder schiefen Lage, durch Luft und Licht geweckt, senkrecht in die Höhe.
Die
so
angelegte
Knolle
erreieht
in
kürzerer
oder
längerer
Zeit
(in
2
Monaten
oder
weniger)
die
Grösse
einer
Haselnuss.
Der
Haupt-
stengel
der
Keimpflanze
bringt
eine
Anzahl
Laubblattpaare
hervor,
scheint
aber,
ohne
zum
Blühen
zu
gelangen,
einzugehen
und
also
wohl
nur
als
Erstarkungstrieb
zu
functioniren?
Wenigstens
welkte
er
bei
allen
von
mir
ausgesäeten
Pflänzchen
ab;
vielleicht
dass
die
späte
und
ungünstige
Jahreszeit,
wo
die
Samenpflänzchen
im
Zim-
mer
gezogen
werden
mussten,
Schuld
daran
war.
Die
Kotyledonar-
'
sprossen
entfalten
sich
um
desto
kräftiger,
und
sie
überflügeln
in
ihrem
Wachsthum
nicht
selten
den
Haupttrieb,
Ob
sie
es
sind,
die
zum
Blühen
kommen,
bleibt
noch
zu
entscheiden.
Entweder
ent-
wickeln
sich
beide
Sprossen
gle.chmässig,
und
zeigen
gleiche
Stärke,
oder
es
erlangt
der
eine
über
den
andern
in
seinem
Wachsthum
das
Vebergewicht,
was
bis
zur
gänzlichen
Unterdrückung
dieser
letzteren
gehen
kann.
In
diesem
Fall
bekommt
die
sich
ebenfalls
stets
ver-
grössernde
Knolle
ein
mehr
einseitiges
Wachsihum,
welches
natür-
lich
in
der
Richtung
des
stärkern
Sprosses
statt
hat.
Mit
dem
Ab-
sterben
des
Hauptstengels
der
Samenpflanze
schwindet
nicht
selten
auch
die
ursprüngliche
Wurzel,
während
aus
der
knollig
angeschwol-
lenen
Basis
der
Kotyledonarsprossen
neue
Adventivwurzeln
hervor-
treten,
welche
oft
über
spannenlang
werden
und
sich
in
Seitenzasern
verzweigen.
Diese
Wurzeln
lassen
nicht
selten
eine
gewisse
Re-
gelmässigkeit
in
ihrer
Stellung
und
Zahl
erkennen;
sie
nehmen
näm-
lich
ihren
Ursprung
aus
der
obern
Seite
der
Knolle
und
zwar
je
zwei
zunächst
der
Basis
des
absterbenden
'Hauptstengels,
so
dass